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Ein Koloss für die Einheit: die weltgrößte Statue in Indien

In Gujarat, einem westlichen Bundesstaat von Indien, wurde diese Woche die „Statue of Unity“ zum Tag der indischen Einheit am 31. Oktober eingeweiht. Das 182 Meter hohe Monument zeigt den indischen Gründungsvater Sardar Vallabhbhai Patel. Dieser wurde für seinen Einsatz für den Hinduismus von der hindu-nationalistischen Partei BJP geehrt, von der die Initiative zur Errichtung dieses Kolosses ausging. Die Eröffnungszeremonie, welche am Nationalfeiertag stattfand, markierte sowohl den Tag der Einheit, als sowohl auch Patels 143. Geburtstag.

In dem Video der Eröffnungsfeierlichkeiten sieht man Indiens Premierminister Narendra Modi (BJP) Blumenblüten auf die Zehen der Statue streuen. Von einem Männerchor begleitet führte er die Zeremonie  Rashtrapan Hetu Puja („Kult des Nationalismus“) durch.

Die weltgrößten Statuen im Vergleich. (v.l.) Statue der Einheit, Frühlingstempel-Buhdda, Freiheitsstatue, Mutter-Heimat-Statue, Cristo Redentor, Davids-statue (Foto by Anna Frodesiak CC-BY-SA 3.0)

Ohne Sockel ist das fertige Monument doppelt so groß wie die „Statue of Liberty“ in New York und überragt die zuvor weltgrößte Statue, den Frühlingstempel-Bhudda um 54 Meter. Diese steht in China und benötigte elf Jahre Bauzeit, im Gegensatz zur indischen, welche es in nur acht Jahren vom Konzept zur Realisierung schaffte. Dieses prestigeträchtige Bauwerk, wird von der New York Times mit einem Kostenpunkt von 400 Millionen US Dollar beziffert. Indien sendet damit ein klares Signal an seinen konkurrierenden Nachbarn China. Denn Indiens Nationalstolz ist über die letzten Jahre keineswegs kleiner geworden.

Die Statue wurde vom 93. jährigen Bildhauer Ram V. Sutar geschaffen und krönt seine 40-jährige Karriere, in welcher er ungefähr 50 monumentale Statuen entworfen hat.

Dazu zählen auch eine vier-Meter hohe Büste von Mahatma Gandhi in Bangalore, sowie das knapp drei Meter hohe Gandhi-Standbild am Parliament Square in London. Die Statue der Einheit sein herausragendstes Werk, stellt seine bisherigen Werke in den Schatten. Wie der Nachrichtendienst ndtv berichtet, wurden für die Fertigstellung 1700 Tonnen Bronze – davon 850 Tonnen für die Verkleidung – benötigt. So kam es, dass Sutar auf eine Gießerei in China ausweichen musste, um mit diesen Mengen fertig zu werden.

Die Kontroverse Patel/Nehru und Indiens Heldenkult 

In dem Bild (vor 1950) ist links Jawaharlal Nehru und rechts Sardar Patel zu sehen. Beide sind Gründungsväter des heutigen Indiens. (Foto by:  FlickrrWarrior, via Wikimedia Commons).

Als Indien seine Unabhängigkeit von der britischen Kolonialmacht in 1949 erlangte, gab es neben Mahatma Gandhi der 1948 verstarb und Sadar Patel, eine weitere federführende Persönlichkeit. Jawaharlal Nehru dem ersten Ministerpräsident von Indien und im Volksmund als „Onkel Nehru“ bekannt. Er vertrat einen modernen Sozialismus und befürwortete den Bau von Industrie, Schulen und Krankenhäuser, gegenüber den von Tempeln. Außerdem setzte er sich dafür ein, dass religiöse Minderheiten vor der hinduistischen Mehrheitsbevölkerung einen ausreichenden Schutz erhielten. Bei der breiten Bevölkerung war Nehru sehr beliebt und wird als ein Gründervater Indiens angesehen. Die Kontroverse zwischen Patel und Nehru begann mit den Hindu Code Bills, welche Nehru unterstützte und Patel rigoros ablehnte. Diese Gesetzespakete wurden 1952 und 1956 in Kraft gesetzt und richteten sich nicht nur an Hindus, sondern betraffen auch Sikhis, Jainisten und Buddhisten. Die Hindu Code Bills sprachen Frauen ein Scheidungsrecht und Recht auf Eigentum zu.

Die Entscheidung von 2010 diese extravagante Statue zu errichten, löste Unstimmigkeiten über die Deutungshoheit der BJP-Partei über Patel aus.  Diese und allen voran Narendra Modi, die treibenden Bauherren hinter diesem Prestige-Projekt, wählten nicht ohne Grund „den eisernen Mann“ als Abbild der imposanten Statue. Zumal Patel damals dafür bekannt war, die indische Einheit gegenüber Briten und Fürsten mit eiserner Härte voranzutreiben.

Denn die BJP, bekannt als Befürworter rechtskonservativer, hindu-nationalistischer Werte strebt eine Bevorzugung von Hindus und ihren Traditionen gegenüber religiösen Minderheiten an. Diese Position erinnert an eine verwandte Position die Patel zu Lebzeiten vertrat. Jedoch wird sie von der Partei umgedeutet und Patels Abbild in einen nationalen Heldenkult gezwängt. In dieser Hinsicht verlangt der Kommentar Shri Narendra Modis Beachtung, welcher auf der „Statue of Unity“-Seite zu finden ist:

„The Statue will stand high, not just in meters and feet, but much more in terms of academic, historical, national and spiritual values. My vision is to develop the place as a source of inspiration for ages to come.

Das Ausmaß des kurzen Zitates sollte angesichts der bedeutungsvollen Ehrung Patels durch einen rechts-konservativen Hindu-Nationalisten nicht unterschätzt werden. Denn die Errichtung eines solch überdimensionierten Standbildes prägt nicht nur die umgebende Landschaft, sondern beeinflusst ihn erster Linie auch das Werteverständnis einer Gesellschaft. Nicht umsonst betont er die Nationalen und Spirituellen Werte, die der Bedeutung der Statue zuzurechnen sind.

Mit der Vollendung der Statue der Einheit wartet auch schon das nächste Prestige-Objekt auf seine Fertigstellung. Dabei handelt es sich um das Reiterstandbild zu Ehren Chhatrapati Shivaji Maharaj, Kriegsfürst der Marathen. Dieser setzte sich im 17. Jahrhundert kämpferisch gegen die muslimische Mogulherrschaft und zunehmenden britischen Einflussnahme zur Wehr.  Von hindu-nationalistischen Parteien und Bewegungen wird er seit den 1980er Jahren als ein Vorkämpfer des Hinduismus idealisiert, der seinen Glauben gegenüber anderen Religionen verteidigte.

Dieses Monument, dessen Grundstein im Dezember 2016 gelegt wurde, soll bis 2024 fertiggestellt werden. Am 24. Oktober wurde, nach zwei Jahren Konzipierung der Beginn der Arbeiten verkündet. Die Statue, welche 212 Meter Höhe messen soll, wird auf einer künstlichen Insel an der südlichen Spitze von Bombay errichtet und ist ein weiteres ehrgeiziges Projekt von Modi. Angesichts der hindu-nationalen Agenda, welche die BJP-Partei vertritt, lässt dies nichts Gutes für Angehörige anderer gesellschaftlicher und religiöser Minderheiten erahnen. Und auch in Zeiten eines wirtschaftlich angeschlagenen Indiens – stellt sich die Frage, ob die Bevölkerung von dieser Art von Heldenkult profitieren wird, oder ihr ein weißer Elefant aufgebunden wird?

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